Nun geht nach Herrn Heveling mit Bundestagspräsident Norbert Lammert erstmals auch ein prominentes Mitglied der CDU hart mit der Netzgemeinde ins Gericht. Er beschwert sich in einem Interview über die im Internet weitgehend anonym abgesetzten Shitstorms und Trollereien deren Inhalte bisweilen den Tatbestand der Beleidigungen zumindest touchieren wenn nicht sogar in Einzelfällen gänzlich erfüllen.

Im Gegensatz zur provozierenden Hasstirade Hevelings (Netzgemeinde ihr werdet den Kampf verlieren) analysiert Lammert die Situation jedoch sachlich und zieht daraus meiner Meinung nach sowohl bedenkliche als auch bedenkenswerte Schlüsse.

Wer die Meinung macht hat Macht

und Macht gibt man bekanntlich ungern ab. So erklärt sich dass Lammert den Standpunkt vertritt, die Etablierung des Internets habe nachteilige Auswirkungen auf das Urteilsvermögen der Gesellschaft.

Wer sich im Wesentlichen über das Internet informiert, fragt Dinge nach, die er selbst spannend und unterhaltsam findet. Wer sich dagegen vor allem auf Printmedien und Rundfunk stützt, nimmt Informationen auf, die andere wichtig finden.

Bundestagspräsident Norbert Lammert

Die der Aussage zugrunde liegende Einstellung halte ich für einen gewählten Vertreter des Volkes für äußerst bedenklich und ich hoffe Herrn Lammert in diesem Punkt falsch verstanden zu haben.

Das Internet hat zuletzt in Ägypten, Libyen und Syrien einen wesentlichen Anteil an der Information der Welt über die Lage unterdrückter Menschen in den jeweiligen Diktaturen gehabt. Nur dadurch, dass Menschen das Internet nutzten um sich zu informieren entstand eine öffentliche Meinung die zu Handlungen der westlichen Regierungen und zumindest in Libyen und Ägypten zur Befreiung des Volkes führte.

Das Internet ist im Gegensatz zu steuerlich finanzierten Rundfunkanstalten auch frei von Parteinähe und Gefälligkeitsberichterstattung. Geht ein Moderator einen in einem Interview den Gast zu hart an und stellt auch die  unbequemen Fragen wird dieser Gast die Talkshow beim nächsten Mal wahrscheinlich meiden. Den Internetnutzern vor dem Hintergrund dieser Praxis vorzuwerfen sie würden sich in ihrer eigenen digitalen Blase einkapseln und die Realität verkennen halte ich für eine Verzerrung genau dieser Realität.

Integration statt Ausgrenzung

Zu Recht führt Lammert jedoch an, dass die massiven Shitstorms dazu führen, dass sich die verbal hart angegangenen Politikerinnen und Politiker aus der digitalen Öffentlichkeit zurückziehen oder sie von vorneherein meiden. Dadurch verhindern die Trolle eine konstruktive inhaltliche Auseinandersetzung auf ihrem eigenen Terrain.

Richtig ist auch, dass einige der Internetnutzer ihre Wortwahl bei einer Konfrontation von Angesicht zu Angesicht wohl noch einmal überdenken würden. Also doch wieder nur das böse Internet?

Und der Stammtisch?

Was verbale Derbheit und Boshaftigkeit betrifft, so ist dies kein Phänomen das mit dem Entstehen einer Realität aus Nullen und Einsen plötzlich auftauchte. In den Hinterzimmern der Wirtshäuser ist das Hetzen über Politiker, Andersdenkende und Minderheiten bei der geselligen Einnahme alkoholischer Getränke schon lange Brauch.

Shitstorm vs. Stammtisch

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Wie steht Ihr zu Shitstorms und Trollereien?


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