Durch die von der Koalition beschlossene Einführung eines Leistungsschutzrchts für Verlage wird der staatliche Strafanspruch im Internet monetarisiert und ausgehöhlt.

Seit der Beschluss der Koalition über die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Verlage im Internet vor nicht einmal 24 Stunden publik wurde häufen sich in eben diesem Medium die Proteste wie bereits bei den Themen Vorratsdatenspeicherung und ACTA. In allen einschlägigen Blogs zur Netzpolitik wird das Thema diskutiert. Ich möchte an dieser Stelle statt der inzwischen vielzitierten Busfahrerparabel die bereits 2003 erfolgte höchstrichterliche Würdigung des zugrunde liegenden Tatbestands erneut beleuchten.

Das Internet lebt von Links

Dass dieses Leistungsschutzrecht, wenn es denn tatsächlich kommt, die Grundprinzipien des Internets, die Möglichkeit der weltumspannenden Verlinkung von Inhalten, in nie da gewesenem Ausmaße beinträchtigen wird steht außer Frage. Dass die Regierungskoalition diese Nachteile für das Internet im Gegenzug für einen eher zweifelhaften Erfolg für die Verlagsbranche in Kauf nimmt ist mir absolut unverständlich und zeugt davon dass das Internet auch im 21. Jahrhundert noch nicht überall angekommen ist.

Links sind Werbung

Nach allgemeiner Lebensauffassung handelt es sich bei dem Verlinken von Verlagserzeugnissen durch Dritte um Werbung für das Verlagserzeugnis welche, so ist es Sitte, dem Werbenden allgemein vergütet wird. Dies bedeutet, dass die Verlage den Suchmaschinen und Newsseiten Geld für deren Dienste bezahlen müssten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass solche Seiten auf ihren Seiten wiederum eigene Werbeanzeigen schalten und sich darüber finanzieren könnte man sich über die Aufhebung der Vergütungspflicht der Verlage sicher einigen.

Strafmonopol des Staates

Unser Rechtssystem statuiert außerdem einen ausschließlichen Strafanspruch des Staates. Das heißt der Staat setzt die auch für das Internet geltenden Schutzvorschriften durch. Zuständig dafür sind die Justizbehörden.

In der aktuellen Debatte geht es darum wie mit Suchmaschinenbetreibern und kommerziellen News-Aggregatoren umgegangen werden soll die Inhalte unter Anzeige des Titels sowie eines kurzen Anrisses verlinken. Die höchstrichterliche Würdigung dieses Verhaltens erfolgte bereits im Jahr 2003 durch den Bundesgerichtshof in der „Paperboy“ Entscheidung (BGH I ZR 259/00).

Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird.

BGH Urteil vom 17.07.2003

Soweit diese Newsdienste dem Nutzer lediglich einen kurzen Artikelabriss mitsamt Link zum Verlagserzeugnis präsentieren handelt es sich der Ansicht des BGH zufolge um eine sowohl urheberrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich zulässige Verhaltensweise.

Der Fall, dass Diensteanbieter im Netz sich fremde Inhalte, z.B. durch Einbindung in das eigene Angebot per iFrame ohne Hinweis auf die fremde Urheberschaft zu eigen machen wurde gerichtlich ebenfalls bereits 2007 durch das Landgericht München I (21 O 20028/05) entschieden.

Damit sind die Regeln für das streitgegenständliche Handeln bereits seit knapp 5 Jahren abgesteckt. Wer sich Inhalte zu eigen macht wird verklagt und muss im Valle einer Verurteilung den Schaden ersetzen. Liegt lediglich ein verkaufsförderndes Verlinken vor handelt es sich um sozialadäquates Verhalten das keinerlei Anlass für eine Vergütungsforderung lässt.

Monetarisierung des staatlichen Strafmonopols

Der Vorstoß der Regierungskoalition wendet sich gegen die Vorgaben die die deutschen Gerichte für das Miteinander im Internet aufgestellt haben. Die Schaffung des Leistungsschutzrechts für Verlage ist erneut Klientelpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung (siehe auch Hotelsteuer-Privileg). Die generellen Zulässigkeit von Links deren Rechtmäßigkeit der Kontrolle der Gerichte unterliegt wird durch ein generelles Verbot der Verlinkung ersetztvon dem man sich durch Entrichtung eines Obolus an eine weitere „Behörde zur Vereinnahmung und Verteilung von Tantiemen für Textschnipsel im Internet“ freikaufen kann. Hier wird der Rechtsstaat auf dem Basar der Lobbyisten wieder einmal ausverkauft.

Verlage depubliziert!

Liebe Verlage, wenn euch das Internet mit seinen Rahmenbedingungen als Platform für eure Inhalte nicht passt, dann verabschiedet euch doch einfach aus diesem Geschäftsfeld, formatiert eure Server und tötet weiterhin Bäume!

 

 


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